Eine Einrichtung der Landeszahnärztekammer Baden-Württemberg | Körperschaft des öffentlichen Rechts
Beatrice Samar Kassis
Diese Arbeit ging der Frage nach, welche Bedeutung niedergelassene Zahnärztinnen und Zahnärzte dem Tragen eines Kopftuchs bei Mitarbeiterinnen beimessen. Mitarbeiterinnen signalisieren mit einem Kopftuch ihre Mitgliedschaft einer Gruppe, die in unserer Gesellschaft eine wachsende Minderheit darstellt. Es ist daher von Interesse, ob praktizierende Zahnärztinnen und Zahnärzte solche Frauen als Mitarbeiterinnen einstellen würden, welche Eigenschaften sie ihnen zuschreiben und welche Erwartung sie an sie richten. Zum Vergleich fragen wir auch nach Mitarbeiterinnen mit anderen auffälligen Merkmalen, nämlich Piercing und Tattoo.
300 Kolleginnen und Kollegen im Raum Ludwigsburg und Stuttgart wurden schriftlich befragt, davon liefen insgesamt 40 Bögen zurück. Zusätzlich zu "Multiple-choice"- Fragen war die Möglichkeit individueller Antworten und Ergänzungen gegeben, um eine breite Abdeckung des Themas zu ermöglichen.
Nur bei einem geringen Teil der Kollegen/innen beeinflussten die Eigenschaften und Verhaltenserwartungen, die einer Kopftuchträgerin zugeschrieben wurden, die Bereitschaft, eine solche Person als Mitarbeiterin in der Praxis einzustellen. Zum Beispiel hielten 15,0% der Befragten kopftuchtragende Frauen für anpassungsunfähig, 2,5% befürchten, sie würden auf ihre Patienten irritierend wirken. An positiven Zuschreibungen nannten die Befragten, Kopftuchträgerinnen würden voraussichtlich in geordneten Verhältnissen leben, Charakter haben und zu ihren Überzeugungen stehen (jeweils 2,5%).
Daher ist die Annahme, dass eine fachlich gute Mitarbeiterin mit oder ohne Kopftuch ihren Platz in der zahnärztlichen Praxis wie in der Gesellschaft finden kann, berechtigt. Allerdings befürchtet ein Teil der Praxisinhaber, Patienten durch die Anstellung einer Mitarbeiterin mit Kopftuch zu verlieren. Auch wurde ein Tattoo deutlich häufiger als Ausdruck der Individualität der Person akzeptiert als ein Kopftuch.
Mit diesen Ergebnissen ist das Thema "Kopftuch in der Zahnarztpraxis" ein Beitrag zu interkulturellen Diskurs, der zu einem bewussteren Miteinander in der "gemeinsame Heimat" führen kann.