Eine Einrichtung der Landeszahnärztekammer Baden-Württemberg | Körperschaft des öffentlichen Rechts
Konzeption einer Checkliste für das „gute“ zahnärztliche Sachverständigengutachten
Dr. Hans-Ulrich Brauer
Jede zahnärztliche Behandlung enthält potentiellen Streitstoff. Rechtliche Auseinandersetzungen, insbesondere nach Zahnersatzbehandlungen, nehmen zu. Diese Auseinandersetzungen zwischen Patient und behandelndem Zahnarzt müssen zu einer wachsenden Bedeutung wissenschaftlich fundierter zahnärztlicher Sachverständigengutachten führen. Es stellt sich die Frage, was ein „gutes“ Gutachten auszeichnet und ob Sachverständigengutachten diesen Ansprüchen gerecht werden. Da ein Gerichtsgutachten Auskunft über den zahnmedizinischen Behandlungstandard und insbesondere über das zahnärztliche Selbstverständnis gibt, dient es als Gradmesser der Professionalisierung.
Die vorliegende Masterarbeit erarbeitet die Qualitätsmerkmale zahnärztlicher Sachverständigengutachten im Zivilprozess. Anhand der zahnmedizinischen und mediko-legalen Literatur und durch Expertisen von Richtern und Fachanwälten für Medizinrecht, wurde eine Checkliste für das „gute“ zahnärztliche Gutachten konzipiert. Insgesamt wurden 49 einzelne Fragen als Qualitätsindikatoren erarbeitet, die das Gutachten aus unterschiedlichen Blickwinkeln beleuchten. Anhand dieser Checkliste hat ein Sachverständiger nach Erstellung eines Gutachtens die Möglichkeit sein Gutachten nochmals zu reflektieren. Dies diente einerseits der Qualitätssicherung durch ein Werkzeug, das die Qualität zahnärztlicher Gutachten transparent macht und andererseits dazu, dass der Sachverständige selbstbewusst sein Gutachten abliefern kann.
Die Checkliste wurde anhand von 25 Gerichtsgutachten aus verschiedenen zahnmedizinischen Fachbereichen geprüft und entsprechend überarbeitet. Es zeigte sich, dass die untersuchten Gutachten insgesamt auf einem hohen Niveau waren. Der formale Aufbau der Gutachten war überwiegend erfüllt. Die Gutachten zeichneten sich durch Verständlichkeit für den verständigen Laien aus und bewerteten weitestgehend sachgerecht zahnärztliche Therapiemaßnahmen bzw. gaben adäquat Auskunft über den zahnmedizinischen Behandlungsstandard. Die Zusammenfassung gab in prägnanter Form Antwort auf die Fragen des Beweisbeschlusses und stand nicht im Widerspruch zu vorangegangenen Ausführungen. Erfahrungswissen der Sachverständigen wurde dargelegt und externe Evidenz herangezogen. Wünschenswert wären dagegen eine straffere Sachverhaltsschilderung und falls sinnvoll die Anfertigungen von erklärenden Skizzen. Zu fordern ist unbedingt ein Zahnschema und eine konsequentere Belegung von Beurteilungen durch entsprechende Literaturverweise.
Die revidierte Checkliste wurde anhand eines extern für „gelungen“ und eines für „unzureichend“ erachteten Gutachten überprüft. Die Checkliste erwies sich als praktikabel, nützlich und trennscharf.