Eine Einrichtung der Landeszahnärztekammer Baden-Württemberg | Körperschaft des öffentlichen Rechts
Dr. Eva-Maria Nawrath
Ziel dieser Masterarbeit war die Fragestellung, ob bei Patienten mit künstlichem Gelenkersatz vor der zahnärztlichen Behandlung eine Antibiotikaprophylaxe zum Schutz des künstlichen Gelenkes vor Infektion durch hämatogene Streuung durchgeführt werden sollte. Da ich in meiner Praxis hierzu unterschiedliche Auskünfte erhalten habe, wurden die Empfehlungen niedergelassener Orthopäden und orthopädisch-chirurgisch tätiger Ärzte durch eine Umfrage erfasst und analysiert.
Eine systematische Literaturrecherche diente dazu herauszufinden, wie evidenzgestützt die erhaltenen Empfehlungen sind. Eine Patientenbefragung sollte aufzeigen, wie gut die Patienten vor und nach der Operation über eine mögliche Infektionsprophylaxe ihres künstlichen Gelenkes informiert wurden und welche Maßnahmen diesen Informationsgrad positiv beeinflussen könnten.
Die Expertenbefragung ergab, dass 58% der Befragten eine Antibiotikaprophylaxe bei zahnärztlichen Eingriffen mit hohem Bakteriämierisiko, wie die Behandlung eines dentogenen Abszesses, die Implantation oder die Zahnentfernung, empfehlen, sofern diese mit einer Allgemeinerkrankungen wie Immunsuppression, eine durchgemachte Gelenkinfektion, Diabetes oder rheumatoide Arthritis assoziiert sind. 40% der Befragten empfehlen die antibiotische Abschirmung dieser zahnärztlichen Eingriffe auch in den Fällen, in denen keine Allgemeinerkrankung vorliegt.
Nach Auswertung der Literatur kann aber festgehalten werden, dass eine routinemäßige Antibiotikaprophylaxe vor zahnärztlichen Eingriffen nicht indiziert ist, da eine Infektion des künstlichen Gelenkes durch eine Zahnbehandlung oder Zahnentzündung äußerst selten auftritt und das Risiko-Nutzen-Verhältnis für diese Maßnahme nicht zufrieden stellend ist. Das Risiko-Nutzen-Verhältnis der Antibiotikaprophylaxe kann aber dadurch verbessert werden, dass ihr Einsatz auf Fälle mit einer erhöhten Infektionswahrscheinlichkeit beschränkt wird. Um diese Fälle zu identifizieren wurde ein komplexer klinischer Pfad entwickelt, der Zahnärzten und Orthopäden als Entscheidungshilfe dienen kann (Abbildung 15).
Eine bedeutende Maßnahme zur Verringerung des Bakteriämierisikos ist die Behandlung von Entzündungsprozessen im Bereich der Mundhöhle vor der Implantation des künstlichen Gelenkes. Treten nach der Implantation der Endoprothese akute dentogene Entzündungen auf, so müssen diese schnell und aggressiv unter einer Antibiotikaprophylaxe therapiert werden, um eine hämatogene Streuung zu vermeiden. Andere zahnärztliche Eingriffe mit hohem Bakteriämierisiko müssen nur in der Einheilphase der Endoprothese unter Antibiotikaprophylaxe durchgeführt werden, oder wenn bei dem künstlichen Gelenk Probleme wie Lockerung oder entzündliche Prozesse aufgetreten sind.
Bei Vorliegen schwerer Allgemeinerkrankungen sollte Rücksprache mit dem behandelnden Hausarzt oder Orthopäden gehalten werden, ob eine Antibiotikaprophylaxe empfehlenswert ist. Bei Eingriffen, die routinemäßig unter einer perioperativen Antibiotikaprophylaxe erfolgen, wird dieselbe Prophylaxe auch bei TEP Patienten durchgeführt.